Internationale Züge auf der Vogelfluglinie
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Viele Jahre lang haben die Züge zwischen Hamburg und Kopenhagen der Vogelfluglinie ihre besondere Prägung verliehen. Von 1963 bis 1997 waren auf dieser Strecke mit ihrer wechselvollen Geschichte internationale Reise- und Güterzüge ein alltäglicher Anblick. Das Verschwinden dieser Vielfalt war Anlaß für diesen Blick zurück. Denn seit Herbst 1997 verkehren zwischen Puttgarden und Hamburg sowie auf der dänischen Seite zwischen Rødby und Ringsted keine grenzüberschreitenden Züge mehr bis auf einige wenige Triebwagen, die nicht über Hamburg oder Kopenhagen bzw. Malmö hinaus laufen. Ebenso sind hier auch die Güterzüge verschwunden, die nun wie schon vor 1963 den Weg über Flensburg und - nun ohne Fähre - den Großen Belt nehmen. Reisezüge mit durchlaufenden Wagen nach Paris, Rom oder Stockholm sind ebenfalls verschwunden. Auch die 1997/98 neu in Dienst gestellten Fähren haben zum neuen Gesicht der Vogelfluglinie beigetragen, während die Bahnanlagen in Puttgarden und Rødby weitgehend brach liegen.
Erhebliche Änderungen wie eine Rückkehr des Güterverkehrs, Ausbaumaßnahmen und natürlich der Wegfall des Fährverkehrs stünden an, falls vielleicht in den nächsten Jahren eine feste Querung des Fehmarnbelts beschlossen werden sollte.
Reisezüge
Als die Vogelfluglinie 1963 eröffnet wurde, erlebte die Epoche der großen internationalen Expreßzüge ihre letzte Blüte. Das Flugzeug war wohlhabenden Reisenden vorbehalten und das europäische Autobahnnetz stand in seinen Anfängen. Ein Intercity(IC)- oder Eurocity(EC)-Netz mit Taktfahrplan gab es nicht, das Umsteigen war beschwerlich und zeitraubend. Deshalb führten die wenigen Fernzüge eine Vielzahl von Kurswagen. Dem entsprach auch auf der Verkehr über die Vogelfluglinie mit langen, mehrere Länder querenden Zugläufen und verzweigten Kurswagenverbindungen. Angesichts der langen Fahrzeiten war der Einsatz von Schlaf- und Liegewagen in vielen Relationen selbstverständlich.
Internationale Reisezüge über die Vogelfluglinie im Sommer 1965
Name | Zuglauf | Kurswagen von/nach |
Nord-West-Express | Hoek van Holland - København | Amsterdam, Oostende, Stockholm |
Paris-Skandinavien-Express | Paris - København | Stockholm |
København-Express | Hamburg - København | - |
München-Express | München - København | Wien |
Alpen-Express | Roma - Brenner - København | Venezia |
Nord-Express | Paris - København | - |
Schweiz-Express | Basel - København | Milano, Roma, Chur |
Italia-Express | Roma - Gotthard - København | Ventimiglia, Wien |
Holland-Skandinavien-Express | Hoek van Holland - København | - |
Hamburg-Express | Hamburg - København | - |
Wiking-Express | Hamburg - Hässleholm | - |
Hispania-Express | Port Bou/Cerbere - Genève - København | - |
D289/290 | Garmisch-Partenkirchen - København | - |
Seit 1953 waren mehr und mehr Fernzüge über die damals neue Verbindung Großenbrode - Gedser geführt worden, die trotz der langen Überfahrt schneller war als der Weg über den Großen Belt. Ab 1963 nutzten diese Züge dann die neue, noch kürzere Fährverbindung Puttgarden - Rødby ebenso wie der Nord-Expreß, der aus Kapazitätsgründen als letzter noch über Flensburg gelaufen war.
Schon damals gab es einige Züge, die nur in der Sommersaison verkehrten. Manche Züge wurden auch vereinigt über die Vogelfluglinie geführt und mit dem gleichen Fährschiff übergesetzt.
Die alten Kurswagenverzeichnisse der DB nennen auch den jeweiligen Eigentümer der Schlaf-, Liege- und Speisewagen: Fast alle Schlafwagen, die von Skandinavien aus nach Süden über die deutschen Grenzen hinaus verkehrten, gehörten der ISG.
Eine weitere Spezialität dieser Züge war auch die Benutzung der Hamburger Güterumgehungsbahn zwischen Wandsbek und Rothenburgsort, die ansonsten nicht von Reisezügen befahren wurde. Diese Besonderheit endete mit einem Umbau des Hauptbahnhofes Anfang der neunziger Jahre, bei dem die Möglichkeit geschaffen wurde, vom Gleis 8 sowohl in Richtung Lübeck als auch in Richtung Harburg ein- und auszufahren. Für Züge der Vogelfluglinie wird diese Möglichkeit keine zehn Jahre nach dem Umbau nicht mehr genutzt. Andere Züge nahmen auch den direkten Weg von Lüneburg über Büchen nach Lübeck, um den Engpaß Hamburg zu umfahren.
Nachdem in Deutschland das System der zweiklassigen Intercity-Züge im Stundentakt eingeführt worden war, wurden die klassischen Expreßzüge bei den Reisenden, aber auch bei den Fahrplanmachern immer unpopulärer, weil sie langsamer waren und oft ungünstige Anschlüsse hatten, da sie nicht in das Taktsystem eingepaßt werden konnten. Außerdem barg ihr langer Laufweg ein hohes Verspätungsrisiko. Mit dem Holland-Skandinavien-Expreß verschwand zum Winterfahrplan 1990 auch der letzte von ihnen.
Endpunkt der Züge in Dänemark waren der Kopenhagener Hauptbahnhof, aber auch Kopenhagen Freihafen und Helsingør, wo die Fährverbindungen nach Malmö bzw. Helsingborg auch für die durchgehenden Wagen und Züge genutzt wurden. Auf der Linie København Frihavn - Malmö endete die Mitnahme von Reisezugwagen (nur von und nach Stockholm) jedoch bereits im Juni 1973. Dagegen gab es über Helsingør-Helsingborg durchgehende Tageszüge von Hamburg nach Oslo bzw. Stockholm bis 1992, während der Nachtzug "Alfred Nobel" in der gleichen Relation noch bis zum Ende der Sommersaison 1994 lief, nachdem er seinen Eurocity-Status schon 1992 verloren hatte, weil das eingesetzte Wagenmaterial den Qualitätsstandards nicht genügte.
Seit 1957 gab es in Westeuropa das Netz der Trans-Europ-Express-Züge mit ausschließlich erster Klasse, an das Skandinavien erst 1974 und wohl mehr aus Prestigegründen angeschlossen wurde. Das Zugpaar TEE 34/35 "Merkur" lief von Stuttgart (später Frankfurt) nach Kopenhagen. Schon bald bestätigten sich die Prognosen über mangelhafte Auslastung, was zur Folge hatte, daß dieser TEE ab Hamburg vereinigt mit einem Schnellzug geführt wurde. De facto war der "Merkur" damit zweiklassig geworden und hatte den Schritt vom TEE zum EC um einige Jahre vorweggenommen.
Ab 1979 war der "Merkur" ein internationaler IC, später dann ein EC. Ab 1992 fuhren tagsüber nur noch Eurocity-Züge, die auf den Laufweg Hamburg - Kopenhagen beschränkt waren und aus DB-Material bestanden. Einzige Ausnahme war ein Schnellzug, der nur im Hochsommer 1992 verkehrte und mit DSB-Wagen gefahren wurde.
Typisches Merkmal der EC-Züge der Vogelfluglinie war der Verzicht auf ein Zugrestaurant, obwohl ein solches nach den international vereinbarten Qualitätsstandards für das EC-System zwingend vorgesehen war. Offiziell wurde dies mit dem relativ kurzen Laufweg und dem Mangel an Speisewagen begründet. Böse Zungen wollen allerdings wissen, daß der Gedanke an eine unerwünschte Konkurrenz für die lukrative Fährschiffsgastronomie auch eine Rolle gespielt hat...
Als im September 1995 die Eisenbahnfährverbindung Warnemünde - Gedser eingestellt wurde, sah die Vogelfluglinie für kurze Zeit unter dem traditionellen Namen "Neptun" auch noch ihren ersten - und einzigen - internationalen Interregio. In der Süd-Nord-Richtung hatte dieser Zug den kuriosen Laufweg Büchen - Puttgarden, da die Wagen ab Berlin in einem IC mitliefen. Die Nord-Süd-Verbindung lief dagegen ab Puttgarden als eigener Zug über Bad Kleinen - Güstrow - Neustrelitz bis nach Berlin-Lichtenberg im Durchlauf mit einer Lok BR 234 aus Berlin-Pankow. Bemerkenswert war die trotz des Umwegs von 130 km nur rund 1 Stunde längere Fahrzeit für die Gesamtstrecke. Ab Winterfahrplan 1996 wurde der "Neptun" durch einen EC Berlin - Hamburg - Kopenhagen ersetzt, der bis Ende September 1997 verkehrte.
Im Sommer 1997 gab es außer den EC-Zügen noch folgende Nachtzüge:
- D 232/233 "Nord-Expreß" Kopenhagen - Ostende mit Schlafwagen Kopenhagen - Paris,
- D 482/483 Kopenhagen - Innsbruck mit Schlaf- und Liegewagen Kopenhagen - Basel,
- D 1236/1237 "Nord-West-Expreß" Kopenhagen - Amsterdam
Seit dem kleinen Fahrplanwechsel 1997 verkehren auch alle Nachtzüge über (bzw. unter) dem Großen Belt, während die tagsüber verkehrenden Eurocity-Züge der Vogelfluglinie jetzt alle aus Triebwagen gebildet werden, die ohne Rangieraufenthalt in den Fährbahnhöfen direkt auf die Schiffe rollen.
Güterzüge
Da die Kapazität des Vogelfluglinien-Vorläufers Gedser - Großenbrode zur Bewältigung des Güterverkehrs nicht ausreichte, war dieser auch nach 1953 fast vollständig auf der Route über den Großen Belt verblieben. Der Vorschlag der DSB, alle Güterzüge sofort nach Inbetriebnahme auf die Vogelfluglinie zu verlagern, stieß jedoch bei der DB auf Bedenken. Man fürchtete Engpässe auf dem eingleisigen Abschnitt Bad Schwartau - Puttgarden. Schließlich einigte man sich darauf, zunächst den Eilgutverkehr über Fehmarn zu führen. Erst mit Ablauf des Sommerfahrplans 1963 verkehrten alle Güterzüge auf der neuen Route.
Von den sieben Rangierbahnhöfen im Raum Hamburg war damals der Rangierbahnhof Hamburg-Eidelstedt für die Zugbildung von und nach Skandinavien "zuständig", der an der Strecke nach Kiel/Flensburg lag. Um die Fahrt über die hochbelastete Hamburger Verbindungsbahn zu vermeiden, nahmen die meisten Güterzüge nach Puttgarden den Weg über Neumünster - Ascheberg - Eutin - Neustadt (Holst.). Dies blieb so bis zur Eröffnung des Rangierbahnhofs Maschen (Nord-Süd-System 1977, Süd-Nord-System 1980). Seitdem fuhren alle Züge über Lübeck.
Die Strecke Neumünster - Ascheberg ist längst stillgelegt, zwischen Eutin und Neustadt liegen heute keine Gleise mehr, nachdem auch der lokale Personenverkehr 1982 eingestellt wurde. Im Oktober 1980 hatte dieser Abschnitt noch einmal regen Betrieb gesehen, als der Abschnitt Bad Schwartau - Neustadt wegen Gleisbauarbeiten drei Wochen gesperrt war und alle Fernreisezüge über diese Strecke umgeleitet wurden.
1986 wurden (als Gemeinschaftsprojekt von SJ, DSB und DB) unter dem Namen "DanLink" durchgehende Güterzugverbindungen von Schweden nach Deutschland mit erheblich verkürzten Fahrzeiten eingeführt. Sie dienen vor allem dem Export von Papier, Zellulose und Stahl aus Schweden in die anderen Länder der EU und zeichnen sich deshalb - vor allem in Südrichtung - durch ihr hohes Gewicht aus.
Seit Eröffnung der festen Verbindung über den Großen Belt 1997 gibt es keinen Eisenbahngüterverkehr mehr über die Vogelfluglinie.
Triebfahrzeuge
Die internationalen Reisezüge der Vogelfluglinie wurden auf der deutschen Seite von Beginn an mit Dieselloks der Baureihe V 200.1 (ab 1968 BR 221) bespannt, die fabrikneu von Krauss-Maffei an das Bw Lübeck geliefert worden waren. Ausnahme war der Kopenhagen-Expreß, der bis Mai 1967 aus einem VT 12.5 des Bw Hamburg-Altona bestand.
Die Züge der Vogelfluglinie gehörten zu den letzten internationalen Reisezügen, die dampfgeheizt waren. Nach einer internationalen Vereinbarung sollte ab 1978 die Umstellung auf elektrische Heizung erfolgen. Das Bw Lübeck erhielt für diese Einsätze deshalb 1978 wiederum fabrikneue Loks, diesmal Maschinen der BR 218, geliefert von MaK mit Pielstick-Motoren.
Güterzüge fuhren zu Anfang noch mit der Baureihe 50, bis das Bw Lübeck weitere V 200.1 erhielt. In Doppeltraktion oder als Vorspann vor einer 218 kamen gelegentlich auch Lübecker 212 zum Einsatz. Auch 218-Doppeltraktionen waren nicht selten. Seit Sommer 1994 liefen sowohl vor den Reise- als auch den Güterzügen fast ausschließlich Schweriner 232 bzw. Berliner 234, die für die hohen Zuggewichte besser geeignet waren. Nur drei der fünf EC-Paare liefen bereits seit 1993 mit IC3-Triebzügen der DSB, die seit Herbst 1997 den Gesamtverkehr bestreiten. Um den parallelen Einsatz deutscher Dieseltriebwagen mit Neigetechnik, von dem gelegentlich zu hören war, ist es nach den technischen Problemen um die Baureihe 611 wieder still geworden.
Rangiert wurde in Puttgarden anfangs mit der V 36, die auch vorher in Großenbrode eingesetzt war. Schon im Herbst 1963 gingen diese Einsätze auf die V 65 (265) über, bis 1972 die allgegenwärtige V 60 (260) auch hier Einzug hielt.
Auf der DSB-Seite wurden meist die neuesten Dieselloks eingesetzt. Während dies zu Beginn die NOHAB/GM-Baureihen MX oder MY waren, gingen viele Leistungen später an die MZ und seit 1981 auch an die von Henschel gebaute ME, mit der die Drehstrom-Antriebstechnik erstmals größere Verbreitung fand. Rangiert wurde in Rødby mit der auf einer Henschel-Konstruktion basierenden Reihe MH, später kam die MT hinzu.
Mit dem Wegfall der internationalen lokbespannten Güter- und Reisezüge werden in Puttgarden und Rødby keine Rangierloks mehr benötigt.
© Horst Ebert unter Mitarbeit von Thomas Böhnke
ansonsten gibt es mehr oder weniger zu diesem Thema:
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Eisenbahnen auf und rund um Fehmarn
Tommy Rolf Nielsens Færgehjemmeside, nicht so umfangreich ist die deutsche Version
Fakta om Fartyg Schiffsregister von Micke Asklander, bisher nur auf Schwedisch (Schiffe über Reedereien oder alphabetisches Register suchen)
Dansk Færgehistorisk Selskab
EK-Special 53
Internationale tog via Rødby Færge von Jens Bruun-Petersen und John Poulsen beim dänischen Verlag banebøger (1998) |
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